Greenabler
23.03.2023
Mit neuen Technologien ebnet Dürr den Weg zur klimaneutralen Lackierung von Autos. Das Unternehmen setzt dabei auf den intelligenten Einsatz von Energie und die Elektrifizierung der Anlage.
Die Farbe macht das Auto zwar nicht schneller oder wendiger. Trotzdem wird niemand bestreiten, dass der Lack die Schönheit eines Fahrzeugs unterstreicht. Deshalb verwenden Hersteller viel Mühe auf diesen Produktionsabschnitt. Die Karosserie wird gereinigt, sie kommt in ein Tauchbad, dann wird sie mehrmals lackiert, zwischendurch getrocknet. Kein Wunder, dass mehr als 40 Prozent der in einem Automobilwerk benötigten Energie auf die Lackiererei entfallen. Das bedeutet aber auch: Mit den richtigen Technologien kann Dürr als Lackieranlagenbauer einen großen Beitrag zur Senkung des Treibhausgasausstoßes in der Automobilindustrie leisten.
Das Unternehmen entwickelt seit Jahren gezielt Technologien, mit denen seine Kunden möglichst nachhaltig produzieren können. Dietmar Wieland ist Senior Manager im Forschungs- und Entwicklungsteam. Seit 1991 arbeitet er bei Dürr. Genauso lange befasst er sich bereits mit dem Thema Energieeffizienz. „Das ist nach wie vor einer der wichtigsten Innovationstreiber“, so der Entwicklungsingenieur. Insbesondere angesichts der hohen Energiepreise haben die Automobilhersteller großes Interesse daran, ihre Betriebskosten unter Kontrolle zu halten.
Aktuell ebenfalls im Fokus: die Elektrifizierung aller Prozessschritte beim Lackieren. Dadurch erhalten Kunden die Möglichkeit, vom fossilen Energieträger Gas unabhängig zu werden und durch den Einsatz von Ökostrom ihre Anlage klimafreundlich zu betreiben. „Viele Autohersteller haben sich eine CO2-neutrale Produktion zum Ziel gesetzt“, so Wieland. „Wir unterstützen sie dabei mit den richtigen Lösungen.“ Für einen deutschen Kunden baut Dürr gerade die erste komplett elektrifizierte Lackieranlage, die mit Ökostrom emissionsfrei betrieben werden kann. Von der Lackierkabine über die Applikationstechnik bis hin zu digitalen Anwendungen: Überall setzt der Kunde auf die neusten Innovationen des Maschinen- und Anlagenbauers. Selbst Karosserietrockner und Abluftreinigungssysteme werden nicht mit Gas, sondern mit Strom beheizt.
Bis zu 19%
Energieeinsparung konnte Dürr in einem Kundenprojekt durch die Optimierung der Wärme- und Kälteversorgung in der Lackieranlage erzielen.
Intelligente Lacktrocknung
Allein durch den Einsatz des elektrisch betriebenen Trockners EcoInCure lässt sich bei Verwendung von Ökostrom der CO2-Ausstroß der gesamten Lackiererei um 40 Prozent senken. Und das ist nicht der einzige Vorteil der neuen Trocknergeneration. „Mittels Strömungssimulationen konnten wir beobachteten, dass die Karosserie schneller trocknet, wenn sie von innen nach außen erwärmt wird“, berichtet Wieland. Damit die heiße Luft für das Aushärten des Lacks gezielt durch die Öffnung der Windschutzscheibe strömen kann, bewegen sich die Karosserien quer durch den Trocknertunnel. Das führt zu einer optimalen Wärmeübertragung auf schwer zugängliche Teile. Besonders bei E-Autos ist das hilfreich. Denn die strombetriebenen Fahrzeuge sind wegen der großen Batterie unterhalb des Türeinstiegs verstärkt. Die sogenannten Schweller trocknen im EcoInCure deutlich besser.
Viele Autohersteller haben sich eine CO2-neutrale Produktion zum Ziel gesetzt.
Dietmar Wieland, Senior Manager im F&E-Team von Dürr
40%
weniger CO2 produziert die gesamte Lackiererei, wenn der elektrische Trockner von Dürr mit Ökostrom betrieben wird.
Grünes Nervensystem für die Lackieranlage
Als Systemanbieter nimmt Dürr auf dem Weg zur nachhaltigen Lackiererei nicht nur einzelne Prozesse und Produkte, sondern auch die Anlage als Ganzes in den Blick. Jüngstes Ergebnis und ein Meilenstein in Sachen Energieeffizienz: EcoQPower, ein individuell für jede Lackiererei optimiertes Wärme-Kälte-Verbundsystem.
In Automobilwerken wird Energie bislang zentral und oft nach dem Gießkannenprinzip bereitgestellt. „Das führt dazu, dass die meisten Prozessschritte mit dem gleichen Temperaturniveau versorgt werden – obwohl es nicht alle benötigen“, so der 59-Jährige. Bei der Heißwasserversorgung einer Lackiererei orientiert man sich beispielsweise an dem besonders hohen Wärmebedarf der Zwischentrockner. Dieser liegt bei rund 80°C. Mit dem hochtemperierten Wasser werden dann aber auch Lüftungsanlagen versorgt, die die Raumluft lediglich auf 21°C erwärmen müssen.
Warum also nicht jeden Prozessschritt nur mit der Energiemenge und dem Temperaturniveau versorgen, das tatsächlich benötigt wird? Mit EcoQPower ist genau das möglich. Kälte und Wärme werden dezentral in der Lackiererei elektrisch erzeugt. Außerdem verhindert das intelligente System, dass Energie verloren geht. Zum Beispiel wird bei der kathodischen Tauchlackierung Lack mit Hilfe von elektrischem Strom aufgetragen. Dabei entsteht Wärme, die bislang ungenutzt blieb. EcoQPower nutzt diese und weitere Abwärmequellen und versorgt mit der zurückgewonnenen Energie andere Bereiche der Lackiererei.
Bevor die Fachleute von Dürr eine neue Lackieranlage mit EcoQPower ausrüsten, müssen sie die klimatischen Bedingungen des Standorts untersuchen. Schließlich ist es in den Tropen heißer und feuchter als in Skandinavien. Die dafür notwendigen Zahlen liefern Wetterstationen. Außerdem fließen Daten wie Produktionsmenge und Fahrzeugtyp in die Rechnung ein. Aus diesem Gesamtbild lässt sich ablesen, wie die Energieströme für einen möglichst effizienten Betrieb vernetzt werden müssen. Auf dieser Basis werden Wärmepumpen, Warm- und Kaltwassertanks sowie Kühltürme installiert. Sie werden durch eine intelligente Software vernetzt – fertig ist das grüne Nervensystem der Lackiererei.
Mit EcoQPower ist es Dürr gelungen, den Energieverbrauch einer Lackiererei um bis zu 19 % zu minimieren. Dadurch lassen sich die Mehrkosten für die teurere Energiequelle Strom größtenteils kompensieren. „Auch an Standorten, die klimatisch ideal für den Betrieb einer Lackiererei sind, können wir Energieeinsparungen im zweistelligen Bereich erzielen“, fasst Wieland das Potenzial des innovativen Systems zusammen.
EcoQPower: Das intelligente Energienetzwerk für die Lackiererei
Mit einem individuell optimierten Wärme-Kälte-Verbundsystem kann Dürr den Gesamtenergieverbrauch in der Lackiererei deutlich senken. Das innovative System EcoQPower ermöglicht es Anlagenbetreibern, effizient zu elektrifizieren und damit vom fossilen Energieträger Gas unabhängig zu werden.
1. Klimabedingungen
Wie ist das standortspezifische Klima? Außenbedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit beeinflussen den Wärme- und Kältebedarf in der Lackiererei.
2. Produktionseckdaten
Im nächsten Schritt werden unter anderem die Produktionskapazität und -prozesse, die Fahrzeugtypen und das Layout der Lackieranlage berücksichtigt.
3. Wärme- und Kältebedarf
Mithilfe einer selbstentwickelten Software ermittelt Dürr den Bedarf an Wärme und Kälte in Form eines sogenannten Quellen-Senken-Profils.
4. Optimale Temperaturniveaus
Um die unterschiedlichen Prozessanforderungen der einzelnen Anlagenkomponenten zu bedienen, werden verschiedene Wärme- und Kälteniveaus bereitgestellt.
5. Hardwarekomponenten
Je nach Bedarf werden Warm- und Kaltwassertanks, Kühltürme und Wärmepumpen in die Lackiererei integriert.
+ Ökostrom
Durch den Einsatz von grünem Strom können Autohersteller ihre Lackiererei klimaneutral betreiben.
EcoQPower basiert auf einer umfassenden Analyse des individuellen Wärme- und Kältebedarfs einer Lackiererei. Es vernetzt alle Komponenten so intelligent miteinander, dass nahezu keine Energie mehr ungenutzt bleibt.