Nächste Station: Ausland

Melanie Will ging von Bietigheim für vier Monate nach Südafrika, Ysaac Pérez kam aus Mexiko in die Dürr-Zentrale nach Deutschland. Auf den Auslandsstationen ihres Trainee-Programms sammelten beide wertvolle Erfahrungen weit über den Beruf hinaus.

Vier Jahreszeiten an einem Tag hat Melanie Will im südafrikanischen Winter erlebt, wie sie mit einem Augenzwinkern erzählt. Morgens sei es frühlingshaft frisch gewesen, am Mittag sommerlich warm, am Nachmittag habe es abgekühlt und nach Sonnenuntergang sei es dann oft richtig kalt geworden. Von Juni bis September 2022 war die 29-Jährige im Zuge ihres Trainee-Programms bei Dürr in Port Elizabeth, was rund 750 Kilometer östlich von Kapstadt am Indischen Ozean liegt.

Mit knapp 100 Mitarbeitenden ist der von Palmen flankierte Standort deutlich kleiner als das Headquarter in Bietigheim. Doch es ist eine der ältesten Auslandsniederlassungen von Dürr. „Deshalb bestehen enge und langjährige Beziehungen zur lokalen Automobilindustrie“, so die Ingenieurin.

Gewohnt hat Will zusammen mit einem anderen Dürr-Trainee in einer Wohnung mit Meerblick. „Ich habe sogar einmal von unserem Fenster aus Delfine gesehen“, sagt sie. Gearbeitet hat sie im internen Projektmanagement im Bereich Fördertechnik. „Ich habe zum Beispiel Bestellungen an Lieferanten aufgegeben und interne Zeitpläne aufgestellt, um zu wissen, wann wir bestimmte Teile fertigen und zusammensetzen können und wie wir bei möglichen Lieferverzögerungen reagieren können. Dadurch war ich viel im Austausch mit den lokalen Kolleginnen und Kollegen, den Lieferanten und den Kunden“, erklärt sie.

Mit einer Mischung aus Neugier und Nervosität kam Ysaac Pérez im Mai 2022 nach Bietigheim. Denn für den 26-jährigen Mexikaner war es der erste Aufenthalt in Europa überhaupt. „Ich wusste, dass etwas Spannendes auf mich zukommt, aber auch eine Menge Herausforderungen“, sagt er. Ein wenig Bauchschmerzen bereiteten ihm die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und seinem Heimatland, doch diese Sorge verflüchtigte sich schnell.

Nach seinem Bachelorstudium der Finanzwissenschaften begann Pérez als Trainee bei Dürr in Querétaro, einer Stadt in Zentralmexiko mit rund 850.000 Einwohnern. Dort war er hauptsächlich im Controlling eingesetzt. „Das ist meine große Leidenschaft“, sagt er. In diesem Bereich möchte er nach Ende seines Trainee-Programms arbeiten. Auch in Bietigheim unterstützte er Controlling und Corporate Accounting. Er trug unter anderem Informationen und Zahlen zusammen, analysierte diese und bereitete sie für die Berichterstattung auf. Am meisten lernte er durch die gemeinsamen Diskussionen und die tägliche Arbeit mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen.

Der Finanzbereich sei eine eher abstrakte Ebene des Geschäfts. Je mehr Leute man treffe und je mehr Einblicke man bekomme, desto vollständiger werde das Bild des großen Ganzen, zu dem man gehöre. Das schließe auch den Kontakt zur Führungsebene ein – nicht nur beruflich. „Ich war einmal mit Finanzvorstand Dietmar Heinrich essen und einmal zum Grillen eingeladen“, sagt Pérez. „Es hat mich sehr beeindruckt, dass sich der CFO Zeit für mich nahm. Diese Haltung ist für mich ein Vorbild, wenn ich einmal selbst Führungsverantwortung habe.“

Die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen in Südafrika haben es Melanie Will angetan. „Die Leute waren unglaublich interessiert, an mir als Person, an meinem beruflichen Werdegang, aber auch daran, was ich in meiner Freizeit mache“, sagt sie. Nachdem sie erzählt hatte, dass sie gerne jogge, wurde ihr sofort eine Laufgruppe vermittelt. Ohnehin seien die Menschen dort enorm laufbegeistert. Fast jedes Wochenende gebe es einen Wettkampf, wobei auch das Miteinander nach dem Laufen eine große Rolle spiele. In diesen geselligen Runden lernte sie viel über Land, Leute und lokale Weine. Die eindrücklichsten Erinnerungen haben jedoch ihre Ausflüge in die südafrikanischen Nationalparks hinterlassen. „Landschaft und Tierwelt dort sind atemberaubend“, berichtet Will begeistert.

Gewöhnungsbedürftig war für sie, dass wegen der knappen Energie immer wieder der Strom abgestellt wurde, manchmal mehrfach am Tag. Dann musste sie über Nacht sicherstellen, dass das Handy aufgeladen wurde, damit morgens der Wecker funktionierte. Zähneputzen beim Licht der Smartphone-Taschenlampe. Morgenkaffee? Fehlanzeige! „Und abends haben wir dann bei Kerzenschein ein Essen vom Lieferdienst gegessen“, erinnert sich Will. Auch bei der Arbeit gab es nicht immer genug Strom in allen Gebäuden. „Aber die Menschen dort reagieren flexibel und arrangieren sich“, sagt sie. Diese Gelassenheit habe sie mitgenommen – und die Erkenntnis, dass bestimmte Dinge nicht selbstverständlich sind. Den Kontakt nach Südafrika hält Will weiterhin. Neben den entstandenen Freundschaften ist für sie vor allem die noch ausstehende Wanderung durch die Drakensberge ein Grund zurückzukehren.

Während seiner Zeit in Deutschland wohnte Ysaac Pérez in Stuttgart. Auf dem Weg zur S-Bahn nach Bietigheim kaufte er sich jeden Morgen in einer Bäckerei einen Milchkaffee und ein Buttercroissant. „Ich habe die Buttercroissants geliebt. Die gibt es so nicht in Mexiko“, schwärmt er. Auch Stuttgart habe ihm gefallen, mit seiner Architektur, den Biergärten und dem belebten Schlossplatz im Zentrum: „Der Zeitpunkt für den Aufenthalt war perfekt. Ich habe von Mai bis August den gesamten Sommer mitgenommen“, sagt er. An den Wochenenden sei er viel gereist, nach München oder Berlin, aber auch nach Tschechien, Österreich und in die Schweiz.

Auch wenn er Kontakte in Deutschland knüpfte und sich wohlfühlte – seine Freunde und Familie hätten ihm manchmal etwas gefehlt, ebenso das mexikanische Essen mit seinen vielen Gewürzen. Wobei er sich hier für die Currywurst durchaus begeistern konnte, wie er lächelnd erzählt.

Kulturelle Unterschiede stellte er auch bei der Arbeit fest. „Wenn wir in Mexiko am Montag zur Arbeit kommen, sprechen wir erst mal über das Wochenende und die Familie“, sagt Pérez. In Deutschland sage man „Hallo. Guten Morgen“ und beginne zu arbeiten. Das sei schon eine Umstellung gewesen. Aber genau diese Fokussierung auf die Arbeit habe er auch geschätzt. „Ich möchte später in Europa leben“, sagt er. „Denn das hilft mir, mich beruflich zu entwickeln.“

In ihrer Botschaft an andere Trainees sind sich Will und Pérez einig: „Nehmt gerade bei den Auslandsstationen so viel wie möglich mit, seid offen und stellt Fragen“, rät Pérez. Will sagt: „Habt dabei aber auch Spaß und nutzt diese Gelegenheit, um die Vielfalt des Dürr-Konzerns kennenzulernen.“