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employees looking into a car body

Boxenstopp

Starre Förderbänder? Feste Taktzeiten? Die gibt es nicht mehr in der Lackieranlage der Zukunft. Das neue Konzept von Dürr setzt auf flexible Lackierboxen und fahrerlose Transportsysteme, mit denen die Karosserien frei durch die Fabrikhalle bewegt werden.

 

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EcoProFleet

Das fahrerlose Transportsystem ersetzt die Fördertechnik der traditionellen Lackierlinie. 

Die Verkehrsdichte ist hoch in der Lackieranlage der Zukunft. Pausenlos befördern → fahrerlose Transportwagen die Karosserien aus dem Hochregallager zu den aufgestellten Arbeitsboxen, die sich neben den Fahrwegen befinden. Kurz nachdem die Wagen ihre Ladung abgesetzt haben, beginnen Roboter mit dem Lackierprozess. Sobald alle Lackschichten aufgetragen und getrocknet sind, transportiert ein Fahrzeug die bunten Karosserien weiter. Im Hintergrund lenkt eine digitale Fabriksteuerung die Abläufe.

So könnte es bald in den Lackierhallen der Autowelt aussehen. Für Frank Herre ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieses flexible Konzept die starre Lackierlinie ersetzt. Schon vor 15 Jahren dachte der Leiter der Applikationsentwicklung bei Dürr darüber nach, wie die breiter werdende Fahrzeugpalette der Hersteller noch effizienter lackiert werden könnte. Die ersten Skizzen kritzelte er in einem Café in Tokio auf eine Serviette, als er auf Dienstreise war. Viele Jahre Entwicklungsarbeit in bereichsübergreifenden Teams folgten. Daraus entstand das neue → Konzept der Lackieranlage der Zukunft. „Eine Revolution“, sagt Herre.

 

Bruch mit der Tradition

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DXQ Control

Dank smarter Software lässt sich die Produktion effizienter steuern – eine wichtige Aufgabe in der Lackieranlage der Zukunft. 

Das Interesse der Hersteller ist groß, da die klassische Linienlackierung bei heutigen Ansprüchen an ihre Grenzen stößt. Nach dem Prinzip des Fließbands wird dort eine Karosserie nach der anderen bearbeitet. Jeder Arbeitsschritt dauert gleich lang. „So ein System ist ideal, wenn auf der Lackierlinie ein einziges Modell gefertigt wird“, sagt Jens Reiner, Direktor für Forschung und Entwicklung im Bereich Lackieranlagen bei Dürr.

Doch das ist heute kaum noch der Fall. Die Modellvielfalt steigt und die Hersteller bauen ihre Werke nah am Kunden, vor allem um Transportkosten und Zölle zu sparen.

Deshalb brauchen sie idealerweise Fabriken, in denen die ganze Bandbreite ihrer Modelle vom Band rollt – vom Kleinstwagen bis zum SUV.

Kleine Karosserien lassen sich zwar schneller lackieren. „Die Dauer eines Arbeitsschrittes bestimmen aber die großen Karosserien, obwohl sie oft nur für 20 Prozent der Produktion stehen“, sagt Reiner. In der flexiblen Lackieranlage der Zukunft ist das nicht mehr der Fall. Wie in einem Autowaschpark mit Waschboxen zum Selbstbedienen braucht jeder Arbeitsschritt nur so lange wie nötig. Jede freie Station wird sofort mit einer neuen Karosserie belegt. Das steigert die Effizienz.  

Boxen als zentraler Baustein

Wichtigster Baustein des Konzepts ist die neu entwickelte Lackierbox → EcoProBooth. Sie ist so groß wie zwei Überseecontainer, arbeitet flexibel und besonders schnell. Bis zu acht Roboter lackieren darin Innen- und Außenseite der Karosserie. Bislang waren dafür zwei, manchmal drei getrennte Kabinen auf der Lackierlinie nötig, was bis zu 30 Sekunden Förderzeit kostete. Die entfallen jetzt. Was wenig scheint, hat durch die riesigen Produktionsvolumina von oft mehr als 200.000 Fahrzeugen im Jahr einen enormen Hebel: Die Zeitersparnis entspricht der Dauer mehrerer Tausend Lackiervorgänge.

Weitere Einsparungen sind möglich, wenn sich Boxen auf eine Farbe wie Weiß spezialisieren, in der jedes dritte Fahrzeug weltweit bestellt wird.

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EcoProBooth & Painting Robots

Die neue Lackierbox ist rund 60 Quadratmeter groß. Die Roboter (bis zu 8) lackieren dort die Karosserien innen und außen – wofür in herkömmlichen Lackierlinien mehrere Stationen notwendig sind. Der Kunde kann sie für bestimmte Lackierarbeiten ausstatten – wie den Auftrag beliebter Farben oder von Zier- und Kontrastfarben.  

Dann entfallen Farbwechsel und Reinigung der Lackzerstäuber, was wiederum Zeit spart. Zudem wirken sich die geringeren Materialkosten aus. Pro Fabrik könnte der Kostenvorteil allein dadurch bei einer halben Million Euro jährlich liegen, rechnet Herre vor. Da der Stromverbrauch sinkt und weniger Lösemittel verbraucht wird, verringert sich zugleich die Umweltbelastung. Für die Autohersteller ist das wichtig, denn sie haben sich das Ziel gesetzt, klimaneutral zu werden.

Um die Effizienz weiter zu steigern, ließen sich auch Boxen einrichten, in denen Roboter die Karosserien in seltenen Farben lackieren oder mit Zierstreifen versehen. Diese Arbeitsschritte werden zum Teil per Hand ausgeführt nehmen im Moment viel Zeit in Anspruch.

Jens Reiner
Jens Reiner
Direktor für Forschung und Entwicklung im Bereich Lackieranlagen

Autohersteller können bei Bedarf sofort weitere Boxen aufstellen.

Schläuche im Arm: Bis zu 36 Farben kann ein Lackierroboter auftragen. Doch jeder Farbwechsel kostet Zeit. Mit dem Boxenkonzept können sich einzelne Roboter auf häufig bestellte Farben spezialisieren. Das macht die Fertigung schneller und effizienter.

 

Nutzen für Neueinsteiger

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Maintenance windows

Durch die vier Wartungsfenster der Lackierbox lassen sich die Zerstäuber an den Robotern schnell und ohne Atemschutz reinigen oder warten. 

Noch mehr Vorteile bringt das Boxenkonzept für Hersteller, die nicht wissen, wie viele Fahrzeuge sie in den nächsten Jahren produzieren werden. In dieser Lage befinden sich vor allem junge E-Auto-Anbieter. „Sie können bei Bedarf sofort weitere Boxen aufstellen“, sagt Jens Reiner. In starren Lackierstraßen lässt sich die Produktionskapazität nicht so leicht erweitern: Jeder Umbau bringt einen mehrwöchigen Produktionsstopp mit sich – sofern es genug Platz gibt.

Der umgekehrte Weg ist ebenfalls denkbar: Wenn ihre Anlagen nicht ausgelastet sind, können Hersteller mit dem Boxenkonzept sehr flexibel reagieren. „Dann legen sie eine oder mehrere Stationen zeitweise still“, sagt Reiner.

Das senkt die Betriebskosten. Sobald die Zahl der Bestellungen wieder steigt, lässt sich die Produktion zügig hochfahren.

Ein weiteres zentrales Element der Lackieranlage der Zukunft sind die → fahrerlosen Wagen für den Transport der Karosserien. Ein Team von Dürr hat sie selbst entwickelt. „Am Markt ist kein Fahrzeug zu bekommen, das unseren Ansprüchen genügt“, erklärt Reiner. Alle bisherigen Modelle müssen nachts an eine Station, um ihre Energiespeicher aufzuladen. Ein Betrieb rund um die Uhr ist damit nicht möglich. Die Fahrzeuge von Dürr hingegen verbinden sich während des 24-Stunden-Betriebs immer wieder mit Ladestationen. Diese liegen auf ihrer Route, dort wo das Fahrzeug ohnehin zum Stehen kommt, beispielsweise an einem Abladepunkt.

Lackieranlage als Zukunftslabor

Die → Lackieranlage der Zukunft ist wie ein Instrumentenkasten mit Platz für weitere Lösungen, an denen Dürr-Experten bereichsübergreifend arbeiten. Ein Beispiel sind die Wartungsfenster in den Lackierboxen. „Mit ihrer Hilfe lassen sich die Lackzerstäuber an den Robotern einfacher reinigen oder warten“, sagt Entwickler Herre. Im traditionellen Lackierkonzept muss dafür die Linie stoppen. Ein Mensch mit Atemschutz betritt die Kabine und bringt womöglich Schmutz mit, der auf einer frisch lackierten Karosserie landet. Künftig unterbricht der betroffene Roboter als einziger die Arbeit und streckt den Arm durch eines der vier Fenster in eine kleine Wartungszelle. Von dieser gut belüfteten Zelle aus lässt sich der Zerstäuber ohne Atemschutz reinigen oder reparieren.

Lackieranlagenexperte Reiner ist sich sicher: „Egal ob Lackauftrag, Fördertechnik, Abdichten oder Abluftreinigung – weitere Innovationen werden bald folgen.“ Auch neue Software-Applikationen entwickeln die fachübergreifenden Entwicklerteams mit Hochdruck. Sie werden den Betrieb noch effizienter machen. Denn die Lackieranlagen von Dürr sollen auch in Zukunft ihrer Zeit voraus sein.

Jens Reiner
Senior Vice President
Sales
Dürr Systems AG
Carl-Benz-Str. 34
74321 Bietigheim-Bissingen
Deutschland

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