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Eine Mammutaufgabe: Sorgfaltspflicht in der Lieferkette

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) macht Unternehmen grundsätzlich für die Einhaltung von Menschenrechten in ihrer gesamten Lieferkette verantwortlich. Bei knapp 30.000 Zulieferern auf der ganzen Welt hat der Dürr-Konzern alle Hände voll zu tun, um dieser Aufgabe nachzukommen.

Bislang waren Kosten, Termintreue und Qualität die entscheidenden Faktoren bei der Auftragsvergabe. Jetzt kommen mit dem LkSG auch Nachhaltigkeitskriterien hinzu. Braucht es da ein Umdenken bei den Kolleginnen und Kollegen im Einkauf?

Arno Immler: Ja, auf jeden Fall. Wir haben zwar bereits 2020 unseren Lieferantenkodex mit Blick auf Menschenrechte und Umweltstandards deutlich ausgeweitet und gleichzeitig damit begonnen, bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte beim Erstkontakt mit neuen Lieferanten abzufragen. Aber mit dem LkSG hat die nachhaltige Lieferkette einen völlig neuen Stellenwert erhalten. Mit unseren weltweit mehr als 600 Beschäftigten im Einkaufsbereich führen wir deshalb seit Anfang 2023 Schulungen durch, um über die neuen Anforderungen und die auf den Weg gebrachten Maßnahmen zu informieren. Vor allem an den Auslandsstandorten müssen wir ein Verständnis dafür schaffen, dass das neue Gesetz für uns als deutsches Unternehmen weltweit einzuhalten ist. Aber auch an anderen Stellen bedarf es weiterer Aufklärungsarbeit. Vielen war nicht klar, dass sich das Gesetz nicht nur auf unsere Produkte bezieht. In solchen Fällen mussten wir dafür sensibilisieren, dass beispielsweise auch eingekaufte Dienstleistungen und Nichtproduktionsmaterialien Teil der Lieferkette und damit vom LkSG betroffen sind.

 


Die nachhaltige Lieferkette hat einen völlig neuen Stellenwert erhalten.

Arno Immler, Manager Procurement Strategy & Cross Functions, Dürr Systems AG

Um seine Lieferanten zu überprüfen und zu sensibilisieren, arbeitet der Dürr-Konzern mit Selbstauskunftsfragebogen und Online-Schulungen. Wie wirksam sind diese Maßnahmen?

Nicolette Csapi: Aktuell stehen wir noch mitten in der Umsetzung. Für eine ganzheitliche Beurteilung ist es daher zu früh. Dennoch erkennen wir bereits, dass die Maßnahmen besonders wirksam sind, wenn wir Nachweise zu bestimmten Angaben verlangen. Deshalb ist es in Planung, diese großflächiger einzufordern. Aktuell konzentrieren wir uns aber noch darauf, die E-Learnings und Fragebogen auf all unsere Lieferanten auszurollen. Damit sind wir Vorreiter im Maschinen- und Anlagenbau. Viele andere Unternehmen betrachten nur einen bestimmten Teil ihrer Lieferanten. Außerdem haben wir uns für einen kooperativen Ansatz entschieden, d. h. der Ausschluss von Lieferanten ist das letzte Mittel. Vorher setzen wir alles daran, unsere Zulieferer in enger Zusammenarbeit zu befähigen, ihre Nachhaltigkeitsperformance über die Zeit zu verbessern. Basis dessen ist das Vertrauen, dass unsere Lieferanten wie gefordert wahrheitsgemäße Auskünfte geben. Bei Abweichungen von den Anforderungen prüfen wir gemeinsam mit dem Lieferanten die Ursachen und vereinbaren Verbesserungsmaßnahmen. Natürlich gibt es auch Eskalationspfade, die dazu führen können, dass wir die Geschäftsbeziehungen beenden. Aber so weit wollen wir es eigentlich nicht kommen lassen. Den erheblichen Mehraufwand, den die Lieferantenentwicklung bedeutet, nehmen wir in Kauf, weil wir mehr erreichen können, wenn wir mit unseren Geschäftspartnern gemeinsam an einem Strang ziehen.


Wir können mehr erreichen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

Nicolette Csapi, Specialist Sustainable Supply Chain, Dürr Systems AG

Wie stellt man sicher, dass der Dürr-Konzern seine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der Lieferkette einhält?

Karina Türkmen: Meine Aufgabe ist es nicht, allen Kolleginnen und Kollegen oder unseren knapp 30.000 Lieferanten ständig über die Schulter zu schauen. Viel mehr sehe ich mich als Sparringspartnerin für unsere Einkaufs-, Rechts- und Compliance-Abteilungen. Mit ihnen stehen wir bei Corporate Sustainability ohnehin in engem, regelmäßigem Austausch. Nun hat sich meine Zusammenarbeit mit den Teams intensiviert. Maßnahmen zur Umsetzung des LkSG legen wir beispielsweise gemeinsam fest. So weiß ich zu jedem Zeitpunkt, was der Dürr-Konzern zur Einhaltung seiner Sorgfaltspflicht unternimmt, kenne die Prozesse und kann den Kolleginnen und Kollegen beratend zur Seite stehen. Gibt es Meldungen zu möglichen Menschenrechtsverstößen durch unsere Lieferanten, dann werde ich von unserem Compliance Officer direkt informiert und wir prüfen den Einzelfall gemeinsam. Darüber hinaus stehe ich selbstverständlich auch allen Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen als Ansprechpartnerin zur Verfügung, wenn es Bedenken oder Fragen rund um das Thema Menschenrechte gibt.


Ich sehe mich als Sparringspartnerin für unsere Abteilungen.

Karina Türkmen, Menschenrechtsbeauftragte der Dürr AG

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz


Das LkSG soll Menschenrechte und Umweltschutz entlang der gesamten Lieferkette stärken. Mithilfe geeigneter Prozesse müssen Unternehmen ihrer Verantwortung zur Einhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Standards im eigenen Geschäftsbereich und innerhalb der Lieferkette nachkommen. Gibt es Anhaltspunkte für eine Verletzung dieser Standards, muss das Unternehmen tätig werden und entsprechende Abhilfemaßnahmen einleiten. Kommt es seinen gesetzlichen Pflichten nicht nach, können Bußgelder in Höhe von bis zu 2 % des eigenen Jahresumsatzes verhängt werden. Derzeit unterliegen dem Gesetz alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 Beschäftigten. Ab dem Jahr 2024 gilt es auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.

Weitere Informationen

Dieser Beitrag stammt aus unserem → Nachhaltigkeitsbericht 2022.

Werfen Sie einen Blick hinein, wenn Sie mehr über unseren Nachhaltigkeitsansatz sowie unsere Ziele und Aktivitäten in diesem Bereich erfahren wollen.

 


Karina Türkmen
Karina Türkmen
Corporate Sustainability
Dürr Aktiengesellschaft
Carl-Benz-Str. 34
74321 Bietigheim-Bissingen
Deutschland

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