1. Situation
In Deutschland ist gerade der Referentenentwurf zur neuen TA-Luft in Diskussion, und neue Grenzwerte werden schon jetzt in Vollzugsempfehlungen umgesetzt. Es mag der Eindruck entstehen, dass hier nur marginale Anpassungen an den Stand der Technik erfolgt sind, aber die neuen Grenzwerte sind für viele Industrien der Startpunkt, um über Anlagenergänzungen oder aber über gänzlich neue Abgasreinigungsverfahren nachzudenken. In der Glasindustrie und anderen Industriezweigen gilt es nun, vorhandene Techniken wie Elektrofilter auf ihre langfristige Eignung zu prüfen.
In China ist das industrielle Wachstum nach wie vor höher als in Deutschland. So investieren viele, auch westliche Firmen in neue Produktionsstandorte. Das Bruttoinlandsprodukt wächst zwar nicht mehr kometenhaft in den Himmel, die Wachstumsrate ist aber dennoch mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland.
Mit diesem rasanten Tempo kann der Umweltschutz jedoch nicht immer mithalten – noch nicht, wenn man die jetzige Praxis vieler Genehmigungsbehörden in China näher betrachtet. Mittlerweile ist es schwierig, Produktionsanlagen ohne Abgasbehandlung zu betreiben. Dies gilt vor allem für industriell stark entwickelte Regionen.
So erging es auch einem Hersteller von Gebrauchsglas, der sich von der Stilllegung seiner Produktionsstätte im Großraum Peking bedroht sah. Er war daher gezwungen, in kürzester Zeit eine passende Abgasreinigungsanlage zu installieren.
2. Technologieauswahl
Bei der Glasherstellung werden Öfen eingesetzt, in denen das Glas aus verschiedenen Rohstoffen und vor allem Scherben geschmolzen werden. Beheizt werden die Öfen mit Brennern, die trotz einer hohen Energierückgewinnung immer noch große Mengen Brennstoff (Öl oder Gas) benötigen. Der Abgasvolumenstrom enthält aufgrund der hohen Temperaturen in der Glaswanne hohe Werte an Stickoxiden (NOx) sowie Schwefeloxide (SOx) und Staub.
Bei der Planung der Anlage galt es, die aktuellen Grenzwerte sicher einzuhalten und möglichst schon heute einer zukünftigen Verschärfung Rechnung zu tragen.
Schadstoff | Grenzwerte des Projekts nach Kundenvorgabe Grenzwerte | TA Luft 2017 |
Staub | 20 mg/m³ | 10/20 mg/m³ |
SOx | 105 mg/m³ | 300 mg/m³ |
NOx | 300 mg/m³ | 500mg/m³ |
Abbildung 1: Grenzwerte der Schadstoffe
Zunächst wurde die klassische Technik als Lösung in Betracht gezogen. Sie besteht aus einem Elektrofilter und einer nachgeschalteten katalytischen Entstickung mittels SCR-Katalysator. Diese selektive katalytische Reduktion (SCR) würde zwar die jetzt gültigen Werte einhalten, jedoch nicht den zukünftig verschärften Grenzwert bei Staub.
Alternativ prüfte Dürr den Einsatz eines Filters mit textilen Schläuchen in Kombination mit einer Ecopure® SCR. Da ein derartiger Filter aufgrund der eingesetzten Filtermedien nur mit maximal 220°C betrieben werden kann, ist eine Kühlung des über 350°C heißen Rohgases erforderlich.
Für die anschließende Entstickung liegt aber der optimale Temperaturbereich bei ca. 350°C, was eine Wiederaufheizung erforderlich macht. Der hohe Investitions- und vor allem Betriebsaufwand einer Wärmeverschiebung bzw. die Alternative Kühlung/Aufheizung stellten insgesamt einen zu hohen Zusatzaufwand dar, weshalb diese Technologie verworfen wurde.
1. Lösung
Dürr‘s Ecopure® CCF-Technologie ermöglicht es, nicht nur die Grenzwerte ohne zusätzliche Kühlung oder Aufheizung einzuhalten, sondern sie um mehr als 50 % zu unterschreiten. Dadurch sieht sich das chinesische Unternehmen für zukünftige Verschärfungen gut gerüstet.
Bei dieser neuen Dürr-Technologie werden in einer Anlage drei Schadstoffe gleichzeitig eliminiert, wodurch sich ökonomische Betriebskosten ergeben:
Entstaubung
Die Filterung von Abgasen ist schon in der Vergangenheit bei hohen Temperaturen möglich gewesen. So wurden bereits vor zehn Jahren in einer Abgasreinigung für eine Sondermüllverbrennung Filter mit keramischen Filterkerzen eingesetzt.
Diese Kerzen bestehen aus keramischen Fasern, die Temperaturen von bis zu 900°C Stand halten. Aufgrund der im Vergleich zu Textilien wesentlich dickeren Filterwand sind diese Filter formstabil. Hierdurch ergeben sich extrem lange Standzeiten, da die für den Verschleiß von Tuchfiltern verantwortliche Verformung während der Abreinigung über einen Druckluftstoß nicht auftritt. Durch die Formstabilität des Filters entsteht ein permanenter Filterkuchen auf der Oberfläche. Dieser trägt zu erhöhter Filterleistung und deutlich niedrigeren Reingaswerten gerade auch im Feinststaubbereich bei.
Entstickung
Bei der bekannten selektiven katalytischen Reduktion (SCR) erfolgt die Entstickung durch eine Reaktion von eingedüstem Harnstoff oder Ammoniakwasser mit NOx. Der Katalysator sorgt dafür, dass diese Reaktion bereits bei einer Temperatur von 350°C abläuft.
Die Ecopure® CCF-Filter sind mit diesem Katalysatormaterial beschichtet. Dadurch erfüllen die Kerzen die gleiche Funktion wie die beschichteten Keramikwaben einer Ecopure® SCR, eine weitere Dürr-Abluftreinigungsanlage.
Als vorteilhaft erweist sich hierbei die Dotierung der Fasern mit katalytisch aktiven Zentren auf deren Oberfläche. Im Gegensatz zu herkömmlichen Katalysatorwaben tragen entfallende Stofftransportvorgänge der Reaktionspartner und -produkte zu einer Leistungssteigerung des Katalysators bei.
Der Katalysator befindet sich damit staubgeschützt im Inneren der Filterwand (siehe Abbildung 5). Die sonst übliche Alterung durch ein Blockieren der Poren und Reduzierung der aktiven Oberfläche entfällt.
Entschwefelung
Schwefel liegt bei vielen Prozessen meist als SO2 vor, welches sowohl nass als auch trocken abgeschieden werden kann. Bei niedrigen Schadstoffkonzentrationen haben sich trockene Verfahren aufgrund der günstigeren Life-Cycle-Kosten gegenüber hocheffizienten Nassverfahren durchsetzen können. Die Technologie basiert auf der Reaktivität eines Sorbens wie Kalkhydrat (Ca(OH)2) mit sauren Bestandteilen in der Abluft wie SO2, HCl und HF.
In vielen Einsatzfällen hat sich die oben beschriebene Technik sowohl bei Elektrofiltern als auch bei Tuchfiltern bewährt. Für einen guten Abscheidegrad der Entschwefelung werden eine Temperatur von bis zu 180°C und eine ausreichende Feuchtigkeit benötigt. Bei höheren Temperaturen nimmt aber die Reaktivität des Kalkhydrates erst einmal ab, um dann ab ca. 300°C wieder stark anzusteigen. Dieses selektive Temperaturverhalten macht den Einsatz von Kalkhydrat besonders geeignet für die Abscheidung saurer Bestandteile des Abgases in einem für den erwähnten Ecopure® SCR DeNOx-Prozess günstigen Temperaturbereich.
3-in-1-Technologie
Durch die Kombination aller drei Verfahren in nur einer Anlage ist der Aufbau sehr übersichtlich und lässt sich platzsparend innerhalb bestehender Produktionsstätten aufstellen. Die hohe Effizienz der einzelnen Verfahren sorgt bei allen Schadstoffarten für höchste Abscheidegrade, die den neuesten Anforderungen der kommenden TA-Luft 2017, vor allem hinsichtlich Staub und Stickoxiden, gerecht werden.
Die Integration der drei Einzelverfahren in der Ecopure®CCF-Anlage bietet einen reduzierten Wartungsaufwand und benötigt außerdem weniger Platz. Hierdurch ergeben sich geringere Betriebskosten.
Die 3-in-1-Technologie hat vor allem im Ausland bereits großen Zuspruch gefunden und wurde nun auch in Deutschland in den Gründruck der VDI 2578 aufgenommen.