Rund sechs Milliarden Liter Abwasser reinigt ARA Rhein jährlich. Das Unternehmen ist der zentrale Abwasserentsorger im Kanton Basel, einem der weltweit bedeutendsten Zentren der Chemie- und Pharmaindustrie. Das dort anfallende Schmutzwasser ist ein Paradebeispiel dafür, wie vielfältig und schwankend die Schadstoffbelastung von Abwässern sein kann, die aus diversen chemisch-pharmazeutischen Industriebetrieben zusammenfließen. Abhängig von der jeweiligen Zusammenset-zung der Abwässer variiert auch die zu behandelnde Abluft. Auf diese Schwankungen reagierte die Biofilteranlage von ARA Rhein nicht mehr flexibel genug, sodass in der Umgebung der Geruch von Lösemitteln in der Luft hing. „Im Gegensatz zu Faulgerüchen aus kommunalen Kläranlagen ist ein Geruch nach chemischen Substanzen für Menschen nicht nur belästigend, sondern auch beunruhigend“, erklärt Peter Müller, Geschäftsführer der ARA Rhein AG. Zudem wurden kurzzeitig Emissionsgrenzwerte überschritten, da die bestehende Schlammverbrennung nicht mehr ausreichend dimensioniert war. In dieser Situation suchte ARA Rhein nach einer geeigneten Lösung.
Technisch anspruchsvolle Ausführung
Bei der Abluftreinigung von industriellen Prozessen setzt sich die regenerative thermische Oxidation (RTO) immer mehr durch. Dieses Verfahren bot sich auch für ARA Rhein an, allerdings mit einer wesentlich anspruchsvolleren technischen Ausgestaltung der Abluftreinigungsanlage als sie für viele andere Branchen erforderlich ist. „Abwässer aus chemischen, petrochemischen und pharmazeutischen Industrien enthalten typischerweise eine Vielzahl an Kohlenwasserstoffen, schwefelhaltigen und anorganischen Verbindungen. Die Abluft, die daraus entweicht, ist hochkorrosiv und würde die gängigen Werkstoffe einer Abluftreinigungsanlage angreifen und auf Dauer zerstören“, sagt Markus Dertinger, Global Customer Director bei Dürr. Deswegen plante und baute Dürr eine mehrstufige Ecopure® RTO-Anlage in korrosionsfester Ausführung.
Hohe Energieeffizienz durch Wärmerückgewinnung
Die feuchte Luft, die aus der Kläranlage kommt, wird in der ersten Stufe – der Abluftkonditionierung – getrocknet, um Kondensationen in der RTO zu vermeiden. Dafür wird die Luft zunächst über einen Tropfenabscheider geleitet und anschließend in einem Wärmetauscher erhitzt. Das jeweilige Design der Wärmetauscher wählt Dürr nach den individuellen Anforderungen einer Kläranlage aus, da die richtige Bauart und chemische Zusammensetzung wesentlichen Einfluss auf die Materialwahl und die notwendigen Wartungsabstände und somit die Verfügbarkeit der Anlage haben.
Über ein Gebläse gelangt die vorgetrocknete Luft dann in die nächste Stufe, die thermische Oxidation. Dort kommt es während des Verbrennungsprozesses zu Säurebildung, die das Material der Anlage angreifen. Vor dieser Gefahr schützen korrosionsfeste Sonderwerkstoffe die Anlage. Sie bestehen aus einer Kombination hochwertiger Edelstähle, die unterschiedlich beschichtet sind. Die Konstruktion der Ecopure® RTO erlaubt die Ausführung in diversen Werkstoffen und Beschichtungen, sodass sich die Anlage optimal auf unterschiedliche Schadstoffbelastungen anpassen lässt.
Um sämtliche organische Bestandteile – und somit auch die Geruchsstoffe – zu verbrennen, muss die belastete Abluft auf mindestens 850°C aufgeheizt werden. Die hohe Temperatur wird mit minimalem Einsatz an Primärenergie erreicht, da ein integrierter keramischer Wärmetauscher die Abluft bereits auf 820°C erwärmt. Nur für die verbleibenden 30°C zum Erreichen der Betriebstemperatur wird ein mit Erd-gas betriebener Brenner eingesetzt. „Der Prozess ist sehr energieeffizient, da aus der heißen, gereinigten Luft die Wärme zurückgewonnen wird, um damit die kalte, ungereinigte Luft aufzuheizen“, erläutert Markus Dertinger.
In der letzten Stufe der Abluftreinigung entfernt ein Rauchgaswäscher alle sauren Schadstoffe, die sich während der Oxidation gebildet haben. Am Ende erreicht die Anlage einen Abreinigungsgrad von 99,9 Prozent. „Die RTO-Anlage hat alle Erwartungen voll erfüllt. Wir haben keine Reklamationen mehr wegen Geruchsbelästigungen und halten die gesetzlichen Grenzwerte ein. Die Anlage ist hochverfügbar und läuft bislang ohne einen ungeplanten Stillstand. Außerdem sind die Betriebskosten so gering, wie sie uns Dürr prognostiziert hatte“, ist die positive Bilanz von Peter Müller nach dem ersten Jahr seit der Inbetriebnahme.