Bei der Produktion von Elektroden werden dünne Metallfolien mit dem aus Chemikalien bestehenden Kathoden- und Anodenmaterial beschichtet. Heute erfolgt dies üblicherweise unter Einsatz von Lösemitteln. Aber auch der Auftrag von trockenem Material ohne schädliche Lösemittel ist möglich. Dies ist wirtschaftlich und aus Nachhaltigkeitsgründen hochattraktiv. Denn bei der Trockenbeschichtung werden bis zu 40 % weniger Energie und rund 20 % weniger Prozesszeit benötigt. Zugleich sinken die CO2-Emissionen pro 10 Kilowattstunden produzierter Elektrodenkapazität um rund 1 Tonne.
Das seit 17. November zum Dürr-Konzern gehörende Unternehmen Ingecal mit Sitz nahe Lyon ist spezialisiert auf Anlagen für das Kalandrieren. Dabei wird das Kathoden- und Anodenmaterial mithilfe von zwei Stahlrollen unter hohem Druck auf die Folie gepresst. Die Kalandrieranlagen des französischen Unternehmens eignen sich sowohl für die Nass- als auch für die Trockenbeschichtung. Ingecal ist die Hauptgesellschaft der von Dürr übernommenen Amalis-Gruppe mit rund 15 Mio. € Umsatz und etwa 70 Beschäftigten. Der Kaufpreis orientiert sich am Unternehmenswert zuzüglich einer erfolgsabhängigen Komponente. In den vergangenen Jahren haben Dürr und Ingecal in mehreren Projekten für Batterie- und Automobilherstellern erfolgreich kooperiert.
Die Partnerschaft mit LiCAP Technologies zielt speziell auf die Trockenbeschichtung ab. Das Unternehmen aus Sacramento (Kalifornien) besitzt umfassendes Know-how über das eingesetzte Material und die Anforderungen an den Beschichtungsprozess. Ein Ergebnis der Entwicklungsarbeit von LiCAP ist das patentierte Activated Dry Electrode®-Verfahren, das nun gemeinsam mit Dürr am Markt etabliert werden soll. Dürr und LiCAP führen bereits Gespräche mit einem namhaften Batteriezellenhersteller über den Bau einer Trockenbeschichtungslinie.
Gute Wachstumschancen durch Elektromobilität
Dr. Jochen Weyrauch, Vorstandsvorsitzender der Dürr AG: „Angesichts der stark wachsenden Elektromobilität und des Trends zu dezentralen Energiespeichern ist die Batterieproduktionstechnik eines der wichtigsten Wachstumsgeschäftsfelder des Dürr-Konzerns. Mit Ingecal und LiCAP bieten wir unseren Kunden ein umfassendes Produktspektrum für die Elektrodenproduktion und sind auch in der zukunftsweisenden Trockenbeschichtung gut aufgestellt. Ingecal und LiCAP sind hochspezialisierte Partner mit anerkannter Expertise und hervorragender Reputation im Batteriesektor. Gemeinsam sind wir noch leistungsfähiger – auch beim Bau großer Beschichtungsanlagen für Giga-Zellfabriken.“
Von dem Ausbau des Dürr-Produktportfolios profitiert auch die seit einem Jahr laufende Kooperation mit den Maschinenbauern Grob und Manz. Sie zielt vor allem auf die schlüsselfertige Ausrüstung kompletter Gigafactories ab. „Wir bieten nun auch Kalandrieranlagen aus einer Hand und können gemeinsam auch Kunden ansprechen, die im ersten Schritt der Elektrodenfertigung auf den Trockenprozess setzen“, so Dr. Jochen Weyrauch. Zudem verfügt Dürr mit dem Know-how in der Trockenbeschichtung bereits heute über eine wichtige Kompetenz für die Produktion zukünftiger Feststoffbatterien. Sie unterscheiden sich durch feste Elektrolyte von den aktuell vorherrschenden Lithium-Ionen-Batterien.
Ab circa 2030 werden voraussichtlich 30 bis 40 % der in Europa und Nordamerika gefertigten Batterieelektroden mit Trockenbeschichtung produziert werden. Aber auch die Nassbeschichtung bleibt ein relevantes Verfahren. Ihre Weiterentwicklung zielt momentan vor allem darauf ab, die heute eingesetzten toxischen NMP-Lösemittel (N-Methyl-2-pyrrolidon) durch weitgehend unschädliche Lösemittel zu ersetzen. Bei der Nassbeschichtung bietet Dürr neben der Beschichtungstechnik auch Systeme für Trocknung und Lösemittelrückgewinnung an. In der Lösemittelrückgewinnung zählt Dürr bereits heute zu den weltweit führenden Anbietern. Diese Systeme werden auch zukünftig beim Einsatz unschädlicher Lösemittelvarianten benötigt.