In den Fabriken der Automobilindustrie schlummern enorme Mengen an Daten zu Fertigungsprozessen, Rohstoffen und Produkten. Der Schlüssel, um diesen Schatz zu heben, ist die Konnektivität – sprich: die passende Schnittstelle auf der Steuerungsebene, um überhaupt an die Informationen aus Robotern, Trocknern, KTL-Anlagen oder der Fördertechnik heranzukommen.
Um die Applikationsqualität und die Anlagenverfügbarkeit mithilfe moderner IT-Technologien zu erhöhen, müssen relevante Maschinendaten, beispielsweise Achspositionen und Temperaturen, oder Ereignisse, wie Alarme oder Start- und Endzeiten von Programmen, in Echtzeit aufgezeichnet und in eine Datenbank übertragen werden. „Das ist die Grundvoraussetzung, damit Software aus unserer DXQ-Familie den Ist-Zustand von Anlagekomponenten ermitteln kann. Ziel ist es dann, in Kombination mit historischen Daten und maschinellem Lernen bislang unbekannte Fehlerquellen aufzuspüren oder Wartungsintervalle prädikativ zu planen“, erläutert Jens Häcker, Vice President Control Systems bei Dürr.
Konnektivität für Bestandsanlagen
Die Nachfrage nach digitalen Anwendungen ist hoch, doch in Bestandswerken stehen Betreiber vor der Hürde, dass die meisten ihrer Anlagen nicht verbindungsfähig sind. Denn: Die passende Schnittstelle für die Datenakquisition besitzt nur die jüngere Generation der Dürr-Roboter; ältere Modelle, Roboter von anderen Herstellern und Technik außerhalb der Lackapplikation ließen sich bislang nicht vernetzen. Doch Dürr hat einen Weg gefunden, um Konnektivität bei nahezu allen gängigen Robotern und weiteren Gewerken herzustellen.
Detailinformationen aus allen Prozessschritten
Die Lösung ist ein aus Hard- und Softwarekomponenten bestehender Adapter, der sich auf alle derzeit üblichen Feldbustechnologien aufschalten kann und Daten in der benötigten hohen zeitlichen Auflösung von wenigen Millisekunden bereitstellt. Der Adapter wird von Dürr in Kooperation mit Techno-Step angeboten, einem Spezialisten für Systeme zur Prozessdatenanalyse und -diagnose, der seit 2020 zum Dürr-Konzern gehört. „Betreiber sind damit in der Lage, die vorhandenen Sensor- und Aktordaten aus ihren Bestandsanlagen auszulesen und die gesamte Bandbreite der Gewerke, von der Vorbehandlung über die Applikation bis hin zur Fördertechnik, in eine einzige Analyse-Software einzubinden. Mit DXQequipment.analytics erhalten sie detaillierte Einblicke in die verschiedenen Prozessschritte und alle daran beteiligten Anlagen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, erklärt Jens Häcker die Vorteile.
Know-how aus Maschinenbau und IT
Ein Bestandteil des Softwarepakets DXQequipment.analytics ist das Modul Advanced Analytics. Es ist die bisher erste marktreife Lösung, die Künstliche Intelligenz (KI) einsetzt, um die Gesamtanlageneffektivität in der Lackieranlage zu erhöhen. Dieses Modul erweiterte Dürr jetzt für das Gewerk Sealing, indem die KI-Modelle, die die Roboter- und Prozessdaten analysieren, für die spezifischen Anforderungen adaptiert wurden. Eine herausfordernde Aufgabe, für die das umfassende Know-how von Dürr in der Produktionstechnik und den Fertigungsprozessen der Automobilindustrie ebenso erforderlich war wie eine hohe digitale Expertise. Diese Kombination macht es zukünftig möglich, auch bei der Dickstoffapplikation mithilfe von KI frühzeitig und präzise Fehlerquellen aufzuspüren und optimale Wartungszeitpunkte zu finden. Ein Beispiel dafür ist die Erkennung von sogenannten Düsenstopfern. Dabei verstopft Sealing-Material teilweise die Applikationsdüse, was zu einem veränderten Materialstrahl und in der Folge zu Qualitätsmängeln führt, die durch Nacharbeit behoben werden müssen. Im Gegensatz zu einer klassischen Steuerungstechnik erkennt die DXQ-Software diesen Fehler und ermöglicht ein früheres Eingreifen.