Bei der Holzverarbeitung, im Schiffsbau, in der Elektronikfertigung und vielen weiteren Industriebereichen werden die Oberflächen von Produkten und Komponenten beschichtet, um sie zu schützen oder farblich zu gestalten. Bislang ist das einerseits mit viel Aufwand verbunden, wenn die Flächen randscharf beschichtet werden sollen. Denn die Flächen müssen entweder manuell abgeklebt oder foliert werden. Zudem entsteht viel Abfall durch Klebeband und es kommt zu Lackverlusten durch Overspray. Beides macht das neue Overspray-free-application-Set von Dürr überflüssig. EcoPaintJet, der neuartige Applikator des Sets, ist bereits erfolgreich in der automobilen Serienfertigung im Einsatz. Hier ermöglicht die neue Dürr-Technik seit 2019 das Lackieren von farblich abgesetzten Autodächern, ganz ohne Abkleben.
Mehr Möglichkeiten beim Lackieren
Der Applikator EcoPaintJet beschichtet trennscharf ohne Lacknebel. Das steigert die Effizienz beim Lackieren und eröffnet den Betrieben mehr Möglichkeiten in der Produktgestaltung und beim Warentransport. Anstelle von aufgeklebter Folie können zum Beispiel Dekorflächen für den Transport durch den gezielten Auftrag von Folienlack geschützt werden. Dieser lässt sich anschließend einfach wieder abziehen. Auch für Funktion und Gestaltung von Produkten ergeben sich neue Optionen. So können etwa Fensterrahmen durch die trennscharfe Beschichtung außen eine wetterbeständige Schicht und innen einen dekorativen oder einen andersfarbigen Auftrag erhalten. Bei Möbelfronten können auf einfache Weise dekorative Effekte realisiert werden. „Das Overspray-free-application-Set vereint randscharfe Applikation, ermöglicht schnelle Farbwechsel und eine individuelle Oberflächengestaltung“, fasst Holger Beiersdorfer, Vice President Industrial Products bei Dürr, die Vorteile zusammen.
Ohne Zerstäuberluft entsteht kein Overspray
Der wichtigste Bestandteil des Overspray-free-Application-Sets ist die Lackzufuhr, verbunden mit dem Reinigungs- bzw. Andrückprozess. Der EcoPaintJet steuert diesen über drei Ventile. Das Herzstück des Applikators selbst ist eine Düsenplatte, die je nach Ausführung mehrere Dutzend parallele Lackstrahlen erzeugt. Diese können zu einem beliebigen Zeitpunkt aktiviert oder deaktiviert werden, um den Beschichtungsvorgang zu beginnen bzw. zu unterbrechen. Im Gegensatz zu Lackiervorgängen mit Lackierpistole oder Hochrotationszerstäubern wird bei diesem Prozess keine Zerstäuberluft benötigt. Somit entsteht auch kein Lacknebel, der wie bei herkömmlichen Verfahren aufwendig aus der Kabinenluft gefiltert werden muss.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu klassischen Zerstäubern besteht darin, dass sich die Breite der Lackierbahn über den Auftragswinkel des Applikators einstellen lässt. So wird eine 30 bis 50 mm breite Lackierbahn erreicht. Durch Anpassung der Düsenplatte können auch schmälere Bahnbreiten erzeugt werden. Die Geschwindigkeit des Applikators und der Festkörperanteil des Lacks regeln die gewünschte Schichtdicke.
Alle Vorteile in einer Anwendung
Vor allem bei großen Flächen sind lacksparende Applikationstechniken wichtig. Doch selbst bei Airless-Pistolen oder Hochrotationszerstäubern geht bis zu einem Viertel des eingesetzten Materials verloren. Die Rückgewinnung kostet Zeit und Energie und funktioniert nur bei bestimmten Lackarten. Das sogenannte Gießen, bei dem der überschüssige Lack in Behältern aufgefangen wird, vermeidet Overspray, erlaubt aber keine schnellen Farbwechsel. Andere Techniken zur Oberflächengestaltung wie das Anbringen von Folien oder Zierleisten bedeuten oft hohen manuellen Aufwand.
Die neue Dürr-Technik eliminiert die Nachteile der einzelnen Verfahren allesamt und macht das Lackieren in allen Industriebereichen schneller, kosteneffizienter und umweltschonender. „Damit ist unsere Technik sogar dort interessant, wo bisher noch gar nicht an ein automatisiertes Lackierverfahren zu denken war“, weist Holger Beiersdorfer auf weitere Anwendungsmöglichkeiten hin.
Der österreichische Lackhersteller Adler treibt die neue Applikationstechnik gemeinsam mit Dürr voran und realisiert farblose und pigmentierte Beschichtungslösungen, die über die üblichen Lackanforderungen hinaus genau auf die Besonderheiten dieser Technik abgestimmt sind. „Für diese visionäre Applikationstechnik wurden innovative und umweltfreundliche, wasserbasierte Produkte entwickelt, die nicht nur bei Plattenware für höchste Beständigkeit und zugleich optische Individualität sorgen“, ist Dr. Albert Rössler, CTO bei Adler, von der neuen Lackiertechnik überzeugt.