Was passiert in der Lackierzelle, und in welchem Zustand befindet sich die Technik? Antworten liefert DXQequipment.analytics. Die Software erfasst und analysiert dafür alle relevanten Signale der Sensoren und Aktoren in der Lackieranlage. Beispielsweise stellt die Applikationstechnik des vorderen Roboterarms permanent Daten der Druckregler, Dosierpumpen und Farbventile bereit. Hauptnadel, Turbinendrehzahl, Lenkluft und Lufterhitzer aus den elektrostatischen Rotationszerstäubern sind ebenfalls an den Datenrecorder angeschlossen. Darüber hinaus erfasst die Software die Positionen, Drehmomente und Temperaturen der einzelnen Achsen der Lackier- und Handlingsroboter. Für die Positionen der Karosserien in der Lackierkabine werden Daten aus der Fördertechnik erhoben. Diesen Angaben werden Sachverhalte aus den Lackierzellen gegenübergestellt, wie Start- und Endzeitpunkt einer Lackierung oder Produktionsdaten einzelner Karosserien, wie Typ- und Farbcode. Auch alle Fehler und Warnungen aus dem Lackierprozess werden erfasst.
Visuelle Darstellung schafft Transparenz
Die IIoT-Lösung besitzt neben Datenrecorder und Datenbank eine Visualisierung zur grafischen Darstellung und Analyse der Ergebnisse. „Mit Hilfe des Visual Analytics Moduls können wir die Daten der zurückliegenden Wochen bis auf den Millisekundentakt genau nachvollziehen“, erklärt Dr. Lars Friedrich, Vorstand der Dürr Systems AG. „Die detaillierten Informationen helfen dabei, Fehler schneller zu identifizieren und zu beseitigen. Die Quervergleiche verschiedener Roboter verbessern die Ursachenanalysen und unterstützen den Anlagenbetreiber dabei, die Verfügbarkeit der Anlage zu steigern, die First-Run-Rate zu erhöhen und den Gesamtprozessablauf zu verbessern.“ Das schafft Transparenz. Auf dem Bedienrechner können beispielsweise die erfassten Signale der Dosierpumpe mitsamt Durchflussraten, Druckregler und Hauptnadel der Zerstäuber synchron angezeigt und Korrelationen abgeleitet werden. Diese Prozesssignale kann die Software in einer 3D-Ansicht auch mit den gefahrenen Bahnverläufen der Roboter und der exakten Position der Karosserie gemeinsam darstellen und abgleichen. Durch Übereinanderlegen der Signalverläufe vergleicht DXQequipment.analytics auch Karosserien nach Typ und Farbe miteinander.
Algorithmen errechnen den Idealzustand der Anlage und zeigen Anomalien
Das Zusatzmodul Streaming Analytics geht noch einen Schritt weiter: Es analysiert die Daten in Echtzeit. Mit Hilfe von Algorithmen werden aus den erhobenen Daten Muster und Zusammenhänge errechnet, die den Idealzustand der Anlage beschreiben. Bereits kleinste Anomalien sowohl innerhalb der Anlage als auch im Prozess werden automatisiert ermittelt. Mitarbeiter können sogleich entsprechende Servicemaßnahmen einleiten und der Abweichung auf den Grund gehen, noch bevor die Karosserie die Lackierkabine verlässt. Für die Streaming-Analytics-Funktion nutzt DXQequipment.analytics eine Software der IIoT-Plattform ADAMOS. Dürr betreibt ADAMOS gemeinsam mit der Software AG und mehreren Maschinenbauunternehmen.
Modelle helfen bei der Anlagenüberwachung
Mit Streaming Analytics stehen dem Anlagenbetreiber leicht bedienbare Grafikoberflächen bereit, die zur Erstellung von Analysemodellen keine Programmierkenntnisse erfordern. Dazu hat Dürr einen Modell-Editor entwickelt, bei dem sich der Anwender aus einer Bibliothek mit vorhandenen Analyse-Bausteinen bedienen kann. Diese kann er individuell auch zu neuen Modellen zusammenzustellen.
Ein Modell kann beispielsweise darin bestehen, den Lackierdruck während der Applikation zu überwachen. Auf dem Bildschirm werden die Daten grafisch aufgespielt. Der Bediener erkennt, dass sich alle Werte im tolerierten Spielraum bewegen. Mit Streaming Analytics kann der Experte ein Analysemodell erstellen, welches aus der Charakteristik des Signalverlaufs automatisch Auffälligkeiten wie zum Beispiel Luftblasen im Lack ermittelt. Durch diese Anwendungsmöglichkeiten wird die Streaming-Analytics-Lösung zu einem mächtigen Werkzeug, da die Software das Prozesswissen der Anlagenbediener integriert und online abrufbar macht.
Zukünftig maschinelles Lernen möglich
„Parallel zu Streaming Analytics entwickelt Dürr für ein weiteres Modul Advanced Analytics, das auf der Basis künstlicher neuronaler Netze arbeitet. Die Software erlernt vollautomatisch den optimalen Prozesszustand und registriert jegliche Abweichungen. Das heißt, die Software löst Problemstellungen zukünftig durch maschinelles Lernen selbst“, blickt Dr. Friedrich voraus. „Sofern die selbstlernenden Module Trends feststellen, können Probleme im Equipment sogar unter Angabe einer Prognose des Ereigniszeitpunktes vorausschauend erkannt werden.“
Die Software DXQequipment.analytics ist seit 2018 bei mehreren Automobilherstellern im Einsatz. Das auf Echtzeitdaten basierende Zusatzmodul Streaming Analytics wird seit dem vierten Quartal 2018 in einer kompletten Produktionslinie erstmalig eingesetzt. Das mit künstlicher Intelligenz arbeitende Modul Advanced Analytics befindet sich derzeit bei einem Kunden in der Erprobungsphase.
Entwickelt wurde die Software DXQequipment.analytics in der Digital Factory von Dürr. In diesem Anfang 2018 gegründeten Kompetenzzentrum arbeiten rund 100 Software-Experten an Lösungen für die Digitalisierung von Produktionsprozessen.